Bayern untersucht Kunstrückverkäufe an hochrangige Nazi Familien - Dombauverein verpflichtet sich der Restitution für Bild der Kraus Familie

Bayern untersucht Kunstrückverkäufe an hochrangige Nazi Familien -  Dombauverein verpflichtet sich der Restitution für Bild der Kraus Familie

London 14. Juli 2016: Am 27. Juni hat die Commission for Looted Art (CLAE) eine Pressemittelung herausgegeben, wonach Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg Kunst an hochrangige Nazi Familien die sie geklaut hatte zurück gegeben hat, anstatt an die Familien von denen sie geklaut wurde. Dieser Skandal wurde Jahrelang von Deutschland unterdrückt und gedeckt.

Im Bayerischen Landtag hat gestern der Kunstausschuss einstimmig bestimmt, dass die Landesregierung einen Bericht über die Kunstwerke die „mit der Hilfe der Staatsgemäldesammlungen oder der Bayerischen Regierung“ an hochrangige Nazis und ihre Familien zurück gegeben wurden veröffentlichen wird.

Anne Webber von CLAE sagt: „Wir heißen diese rasche Entscheidung seitens des Bayerischen Landtags und die Ernsthaftigkeit ihrer Reaktion herzlich willkommen. Wir freuen uns auf eine schnelle, transparente und sinnvolle Untersuchung dieser Vorgänge und die Art mit der sie gedeckt und gerechtfertigt wurden. Die Untersuchung muss Klärungen was die Provenienz dieser Werke betrifft beinhalten, damit die rechtmäßigen Eigentümer ermittelt werden können und damit sie Restitution oder einen anderen Ausgleich erhalten können. Die Bayerische Regierung muss auch sicherstellen, dass alle Dokumente der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und anderer relevanten Regierungskörpern veröffentlicht und vollkommen zugänglich gemacht werden.“

CLAEs Recherchen haben deutlich gezeigt, dass ein Werk, welches dem Holländischen Meister Jan van der Heyden zugeschrieben wird, und 1941 aus der Sammlung von Gottlieb und Mathilde Kraus geraubt wurde 1962 an Henriette Hoffmann-von Schirach, Tochter von Hitlers engem Freund und Photographen Heinrich Hoffmann und Frau von Wiens Gauleiter, Baldur von Schirach, zurück gegeben wurde. Von Schirach wurde in Nürnberg wegen der Deportation von 60,000 Österreichische Juden für Verbrechen gegen die Menschheit verurteilt.

Das Werk „Holländisches Platzbild“ wurde 1962 von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen an Henriette Hoffmann-von Schirach zurück gegeben, für die lächerliche Summe von 16,000 Deutsche Mark.

Ein Restitutionsantrag wurde im Juli 2011von CLAE an Xanten geschickt, aber wenig Fortschritt wurde seither gemacht. In den über 100 Seiten an Dokumenten die dem Dombauverein bereitgestellt wurden, war die verständliche und lückenlose Geschichte des Gemäldes und die vollständigen Belege und Beweise der Erbfolge und der Identität der Erben. Der Empfang wurde von Herr Barking schriftlich an die CLAE bestätigt.

„Diese Zeit war sehr schwierig für meine Familie“ sagt John Graykowski, der Urenkel von Gottlieb und Mathilde Kraus. „Meine Familie hatte Glück physisch überlebt zu haben, aber die emotionalen, psychologischen und menschlichen Narben bleiben bis heute. Herausfinden zu müssen, dass eines unserer Bilder von Bayern nicht an meine Familie, die genau zur gleichen Zeit erfolglos versucht hat Restitutionsansprüche in Deutschland geltende zu machen, sondern genau an die Familie die es geraubt hatte, war ein unbeschreiblicher Schock für uns alle. Ich kann mir gar nicht vorstellen was das meiner Mutter oder meiner Großtante antun würde wenn sie es wüssten. Natürlich erwarteten wir damals, dass wenn der Dombauverein Details der vollständigen Geschichte des Werkes erhielt, sie sofort das richtige tun würden und uns unser Bild zurückgeben würden. Immerhin sind der Bischof und der Provos der Kathedrale beide Mitglieder des Dombauverein.

„Stattdessen hat der Dombauverein in den fünf Jahren die inzwischen vergangen sind, kein einziges Dokument vorgelegt, nicht einmal um zu beweisen, dass das Werk gutgläubig erworben wurde. Sie haben in den fünf Jahren nicht einmal die schockierende Geschichte des Werkes oder meiner Familie anerkannt. So wenig Empathie ist insbesondere schockierend da die Kathedrale für ihre anti-Nazi Vergangenheit bekannt ist und sogar ein Mahnmal mit der Asche von Opfern aus Ausschwitz und Dachau in seiner Krypta hat.“

„Sehr zu unserer Überraschung hat Herr Barking, der Vorstandsvorsitzender des Dombauverein uns mehrmals gesagt, dass die Washington Prinzipien nicht für den Dombauverein gelten und dass der Dombauverein keine moralische oder rechtliche Pflicht hätte das Werk zurück zu geben. Im Oktober 2012, und viele Male seitdem, hat Herr Barking geschrieben, dass er das Bild— unser Bild— als Investition sieht und er erwartet, dass die Familie dem Dombauverein Gelt zurück gibt. In einer Email hat Herr Barking geschrieben „Wenn die 16,000 Deutsche Mark die für das Bild gezahlt wurden als Investition über 50 Jahre mit 5% Zinsen berechnet wird, dann ist der heutige Wert des Bildes 55,000 Euro.“ Er fügte hinzu, dass die Kosten für Bewahrung und Aufbewahrung auch mit einbezogen werden müssten und, dass er erwarte, dass die Familie diesen Kosten decken solle— 55,000 Euro und mehr.  Also, er wollte, dass wir bezahlen um unser Werk zurück zu kriegen. Weil er heute sagt, dass das Gemälde nur 4,500 Euro wert ist, wurden wir also vom Dombauverein gebeten eine riesige Kompensation für die Restitution unseres Bildes zu zahlen. Es fällt sehr schwer diese Antwort zu verstehen.

2013, in einem weiteren Versuch den Konflikt zu lösen hat CLAE Herr Barking vorgeschlagen den Antrag der Limbach Kommission vorzulegen, die in Magdeburg basiert ist. Herr Barking machte jedoch klar, dass er die vollständigen Details des Restitutionsantrages sowie den Schriftverkehr mit CLAE und alle Dokumente, ohne CLAEs Wissen oder Zustimmung, bereits an das dortige Sekretariat geschickt hatte. Er wurde seit einiger Zeit von der Kommission beraten und wurde weiterhin von ihr beraten, dass die Washington Prinzipien nicht auf den Dombauverein zutreffen und, dass es keine Pflicht zur Rückgabe gäbe.

CLAE wurde in diverse Kommunikationen und Diskussionen zwischen Herr Barking und dem Sekretariat der Limbach Kommission nicht einbezogen. Weil deren Unabhängigkeit und Neutralität, durch die einseitige Beratung des Sekretariats, komprimiert wurde ,wurde es unmöglich die Kommission zu bitten über den Fall zu entscheiden.

CLAEs aktuellster Vorschlag, basierend auf einem Vorschlag des Dombauverein, wurde im September 2015 eingereicht und beinhaltete dem Wunsch der Familie Kraus den Konflitk bis Oktober 2015 zu beenden. Herr Barking antwortete, dass er die Meinung des Sekretariats der Kommission abwarten wolle und, dass er erwartete bis Ende September von ihnen zu hören. Dennoch hat die Familie in den neun Monaten die seitdem vergangen sind nichts von ihm gehört.

Der Vorstand des Dombauverein hat jetzt eine Mitteilung herausgeben in der er immerhin die Geschichte des Werkes und der Familie anerkennt, und sagt, dass sie bereit sind das Werk zurück zu geben.

„Wir heißen die öffentliche Bereitschaft des Dombauverein das Werk zu restituieren herzlich Willkommen“ sagt Anne Webber.

John Graykowski sagt „Es ist 75 Jahre her, seitdem das Bild meiner Familie genommen wurde, und diese gesamten Erfahrungen war sehr schmerzhaft für uns. Wir freuen uns darauf in den nächsten Tagen von Herr Barking zu hören und die Rückgabe an meine Familie zu organisieren. In Bezug auf Herr Barking’s Kommentare, dass er einige der Dokumente die wir ihm geschickt haben nicht hat, sind wir jederzeit gerne dazu bereit diejenigen die er verlegt hat ihm erneut zu senden.


Jan van der Heyden (Holländisch 1637-1712)
Holländisches Platzbild
Jetzt im Besitz des Dombauverein von Xanten, Deutschland.


Notizen für Herausgeber

Über Gottlieb und Mathide Kraus

Gottlieb Kraus (1867-1952) und seine Frau Mathilde Kraus (1873-1854) waren prominente Mitglieder der Wiener Gesellschaft. Gottlieb Kraus war Geschäftsmann und Honorarkonsul für Tschechien in Österreich. Beginnend in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts, haben er und seine Frau eine bedeutende Kunstsammlung von über 160 Werken zusammengetragen und ihre Wohnung 1923 als offenes Museum um diese auszustellen genutzt.

Gottlieb und Mathilde sind gemeinsam mit ihrer Tochter Marie bald nach dem Anschluss 1938 aus Wien geflohen. Ihre Flucht brachte sie über Prag, Brüssel, England und Kanada nach Washington DC. Sie fanden nach dem Krieg heraus, dass die gesamte Sammlung die in Wien zurückblieb 1941 von den Nazis geraubt wurde und einige Gegenstände für Hitler’s Museum in Linz ausgewählt wurde. Ihr Tochter Marie versuchte über Jahrzehnte vergebens über Deutschland und Österreich ihr Eigentum wieder zu erlangen, wurde aber bei jedem Versuch abgeblockt. Diese Versuche wurden nach ihrem Tod 1997 durch die Enkel und Urenkel von Gottlieb und Mathilde weitergeführt.

Über die Commission for Looted Art in Europe

Die Commission for Looted Art in Europe (CLAE) ist ein internationaler, spezialisierter und nicht-für-profit orientierter repräsentativer Körper, welcher rechtlich bindende Zusagen und Verträge mit Regierungen und kulturellen Institutionen aushandelt und welcher das Identifizieren von Raubkunst und das Finden der rechtmäßigen Erben hervorhebt. Er repräsentiert Familien aus der ganzen Welt und vertritt sie um ihre geraubten Kunstwerken wieder zu finden und wieder zu erlangen. Er war instrumental für die Rückgabe von über 3,500 Objekten seit 1999 an die rechtmäßigen Eigentümer. Er bietet auch ein Zentrales Informationsregister zu Raubkunst (Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933-1945) um die Washington Prinzipien VI zu verfüllen, welche die Gründung einer solchen Datenbank verlangte.

 

Für weitere Informationen und Fotos in hoher Qualität wenden Sie sich bitte an:

Julia Taylor
Commission for Looted Art in Europe
info@lootedartcommission.com

+44 (0) 20 7487 3401

 

 

 

Issue date: 14th July 2016

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Bavaria to investigate return of art to high-ranking Nazi families – Dombauverein commits to restitution of Kraus family painting

London 14 July 2016: On 27 June the Commission for Looted Art in Europe (CLAE) issued a press release revealing that after the war Germany had returned Nazi-looted art to the high-ranking Nazi families who stole it rather than to the families from whom it was taken. This scandal had been covered up by Germany for several decades.

In the Bavarian Parliament yesterday, the Art Committee, Kunstausschuss, unanimously agreed that the State Government must publish a report on works of art which “with the assistance of the management of the Staatsgemäldesammlungen (State Paintings Collections) or the State Government” were handed back to high-ranking Nazis and their families.

CLAE Co-Chair, Anne Webber, said: “We welcome the swift action taken by the Bavarian Parliament and the seriousness of their response. We look forward to a speedy, transparent and comprehensive investigation of these transactions and the way they have been concealed. The investigation must include clarification of the provenance of the artworks so that the rightful owners of any works that were looted can be identified and assured of restitution or compensatory justice. The Bavarian government must also ensure that all documents from the State Paintings Collection and other relevant government bodies are published and made fully accessible.” 

CLAE’s research revealed that one painting. attributed to the Dutch Old Master Jan van der Heyden and seized from the collection of Gottlieb and Mathilde Kraus of Vienna in 1941, was returned in 1962 to Henriette Hoffmann-von Schirach, daughter of Hitler’s close friend and photographer, Heinrich Hoffmann, and wife of the Gauleiter of Vienna, Baldur von Schirach. Von Schirach was condemned at Nuremberg for crimes against humanity for the deportation of 60,000 Austrian Jews. 


Jan van der Heyden (Dutch 1637-1712)
View of a Dutch Square (Hollaendisches Platzbild)
Now in the possession of the Dombauverein (Catholic Cathedral Association) of Xanten, Germany

The painting, ‘Hollaendisches Platzbild, (‘View of a Dutch Square’) was returned to Henriette Hoffmann-von Schirach in 1962 by the Bavarian State Paintings Collections for the paltry sum of 300 Deutsch Marks, and sold the following year, 1963, to the Dombauverein – the Catholic Cathedral Association of Xanten,  Germany - which paid 16,100 Deutsch Marks.

A restitution claim was submitted to Xanten by CLAE in July 2011 on behalf of the Kraus family, but little progress was made. Amongst the over 100 pages of documents provided to the Dombauverein were comprehensive records of the history of the painting and full proofs of inheritance and the identity of the heirs, receipt of which was confirmed by Mr Barking to CLAE in writing.

“It has been a most distressing time for the family”, said John Graykowski, great grandson of Gottlieb and Mathilde Kraus. “My family were fortunate to survive physically, though the emotional, psychological and human toll persists till this day. To discover that one of our paintings was returned by Bavaria, not to my family, which at that exact same time was making unsuccessful claims to Germany, but to the very family of those who looted it, has been indescribably shocking to us all. I cannot imagine what this would do to my mother or my great-aunt if they knew. Of course, we fully expected that when the Dombauverein received details of the history of the painting, they would do the right thing straight away. After all the Bishop and Provost of the Cathedral are members of the Dombauverein.”

“Instead, in the five years since, the Dombauverein has never provided any documentation of any kind, not even to show the painting was acquired in good faith. They didn’t once in those five years acknowledge the history of the painting, nor that of my family. The lack of compassion was particularly shocking because the Cathedral is known for its anti-Nazi past and even has a memorial in its crypt with ashes from the victims of Auschwitz and Dachau.”

“Much to our surprise and dismay, Mr Barking, Chairman of the Dombauverein, told us repeatedly that the Washington Principles do not apply and there is no obligation, moral or legal, on the Cathedral Association to return the painting. In October 2012 and many times since, Mr Barking wrote that he saw the painting – our painting - as an “investment” on which they must have a return and he expected my family to reimburse the Dombauverein. In one email, Mr Barking wrote: “If the 16,000 Deutsch Marks paid for the painting was calculated as an investment over 50 years with interest of 5%, the value today would be over €55,000.”  He added that the costs of storage and maintenance must also be included and that he expected the family to pay all these costs - €55,000 plus. That is, he asked that we pay to get our looted painting back. As he says that today that the painting is only worth €4,5000, we’ve in fact been asked to pay the Dombauverein huge compensation for the restitution of our painting. It’s very hard to understand this kind of response.”

In 2013, in an effort to resolve the impasse, CLAE wrote to Mr Barking proposing that the claim be submitted for decision to the German Advisory Commission (known as the Limbach Commission) whose Secretariat is in Magdeburg. However, Mr Barking made clear that he had provided the Secretariat with the full details of the claim and CLAE’s correspondence and documentation without CLAE’s prior agreement. He had been advised by the Secretariat for some time and continued to be advised by them that the Washington Principles did not apply to the Dombauverein and that there was no obligation on the Dombauverein to return the painting.

CLAE had not been included in Mr. Barking’s various communications and discussions with the Secretariat to the Commission. Because the German Advisory Commission’s neutrality and impartiality had been compromised by the Secretariat providing advice to only one side in the claim, it became impossible to ask that the Commission adjudicate the claim. 

CLAE’s most recent settlement proposal, based on a suggestion of the Dombauverein, was made in September 2015 and included the wish of the Kraus family that the claim be resolved by the end of October 2015. Mr Barking responded that he was awaiting the opinion of the Advisory Commission Secretariat on the proposal and expected to hear back from them by the end of September. However, the family heard nothing from the Dombauverein in the nine months since.

The Chairman of the Dombauverein has now issued a statement, at last acknowledging the history of the painting and of the family, and saying they are willing to return the painting.

“We welcome the publicly stated commitment of the Dombauverein to restitute the painting”, said Anne Webber.

John Graykowski said: “It is 75 years since my family’s painting was taken, and this entire experience has been very painful. We look forward to hearing from Mr Barking within the next few days and to arranging the return of the painting to my family. In light of Mr Barking’s comments that he does not have some of the documents provided by the family, we are very willing to re-supply any that may have been mislaid.”